Tagblatt: Zungenroller gegen Nicht-Zungenroller

4. September 2018

Trainingsbesuch bei. den Bundesliga-Volleyballern des TV Rottenburg.
Im neuformierten Team wird viel Englisch gesprochen. Trainer Hans Peter Müller-Angstenberger setzt dabei auch auf den Spaßfaktor. Aus der Stereo-Anlage kommt Hip-Hop-Musik, die zwölf Spieler lassen ihre Beine über sogenannte Blackrolls gleiten, kleine schwarze Rollen, welche zur Regeneration beitragen sollen. Währenddessen baut Hans Peter Müller-Angstenberger einen Koordinationsparcours auf mit kleinen Hütchen, Markiertellern und einer Koordinationsleiter.

Seit 16 Jahren trainiert der Wurmlinger die erste Männer-Mannschaft des TV Rottenburg, führte sie von der Regionalliga in die Beletage des deutschen Volleyballs, die Bundesliga, wo der TVR mittlerweile Stammkunde ist. Und sich als Markenzeichen gesetzt hat, hauptsächlich auf junge, talentierte und deutsche Spieler zu setzen, die parallel zum Leistungssport noch studieren.

Training fürs Gehirn

Es ist kurz nach 16.30 Uhr in der Rottenburger Volksbank-Halle. Die Spieler unterhalten sich während ihren Roll-Übungen – auf Englisch. Drei Spieler, die Kanadier Alex Duncan-Thibault, Mitchell Penning und Idner Martins beherrschen die deutsche Sprache nicht oder nicht so gut, der TVR ist internationaler geworden.

Müller-Angstenberger mixt auch immer wieder seine Ansagen, mal auf Englisch, mal auf Deutsch. Als er nach zwölf Minuten die Spieler um sich schart, hält er seine Ansprache allerdings in seiner Landessprache. Ein Spielchen zum Auftakt, die Teams teilt er ein – in Spieler, welche die Zunge rollen können und solche, die es nicht können. Eine ungleiche Aufteilung: Die Zungenroller gehören der deutlichen Mehrheit von neun an. Deshalb wechseln von denen noch drei, die angewachsene Ohrläppchen haben, zur Minderheit, und die Teams sind numerisch ausgeglichen.

Ab jetzt wird’s kompliziert: Auf jedem Feld stehen zwei Spieler nebeneinander in der Vorderzone, jeweils mit einem Ball in der Hand. Müller-Angstenberger wirft von außen einen Ball auf den ihm am nächsten stehenden Spieler. Dieser wirft sofort seinen Ball zum Nebenmann, jener fängt ihn, nachdem er kurz zuvor seinen Ball zu den hinter ihm stehenden Teamkollegen geworfen hat. Derjenige, dem Müller-Angstenberger den Ball zugeworfen hat, baggert die Kugel übers Netz, wo auch zwei Gegner stehen, bei denen das gleiche Spiel abläuft: Der eine wirft seinen Ball zum Nebenmann, baggert den zugespielten Ball übers Netz, der Nebenmann fängt, nachdem er seinen Ball abgegeben hat. Life-Kinetik-Training nennt sich so was, eine Übung, bei der das Gehirn besonders stark gefordert wird.

Den zwölf Spielern scheint’s zu gefallen, sie johlen über jeden Ball, den der Gegner nicht erreicht, oder falls dieser sonst einen Fehler macht. Einmal rennt der Kanadier Penning aufgebracht zu Müller-Angstenberger und reklamiert lautstark wegen einer Entscheidung, aber alles eher im Spaß. Nach der miesen vergangenen Runde mit nur einem Sieg, dem Umbruch mit sieben Abgängen und fünf neuen Spielern, versucht Trainer Müller-Angstenberger derzeit auch, gute Laune im Team zu erzeugen.

Idner Martins‘ Sohn sprintet mit
Zwischenzeitlich ist auch Manager Philipp Vollmer in die Halle gekommen, hat jeden Spieler einzeln begrüßt. Darunter einen Trainingsgast: Anton Jung aus dem U16-Meisterteam ist für den privat verhinderten Mittelblocker Friederich Nagel eingesprungen.
Zur nächsten Übung geht es zu dem aufgebauten Parcours. Den müssen jeweils zwei gegeneinander antretende Spieler mit bestimmten Schrittfolgen durchlaufen, danach einen kurzen Sprint anziehen. Gestartet werden darf erst, wenn Müller-Angstenberger eine vorher bestimmte Zahl ruft. Die 7 beispielsweise. Müller-Angstenberger nennt dabei mehrere Zahlen, von 1 bis in den Hunderterbereich, bis irgendwann die 7 fällt. Penning macht ihn dabei auf ein Grundproblem der Englisch-sprachigen Gruppenmitglieder aufmerksam: „Hans, we just know in German the numbers till ten!“ Okay, für die Nicht-Deutschen gibt’s also den Zahlenraum bis 10.

Der Umgangston ist locker, Müller-Angstenberger stachelt die Spieler beim Sprint nochmal an: „Schippmann, du verlierst!“ Idner Martins hat seinen sechsjährigen Sohn mitgenommen, der neben ihm mitsprintet.
So nach etwa einer Viertelstunde räumt Müller-Angstenberger seine Hütchen, Teller und Leitern weg. Die Spieler spielen sich derweil Volleybälle zu. Der Trainer holt eine fahrbare Wandtafel, auf die er mit grünem Filzstift ein Volleyballfeld gezeichnet hat. Mittels dieser erläutert er – auf Deutsch – den Spielern die nächste Übung. Aufschläge werden jetzt hauptsächlich trainiert in einer 4-gegen- 4-Spielform. Und Müller-Angstenberger wechselt immer wieder ins Englische, um beispielsweise die „Concentration!“ zu fordern.

Anschließend folgen weitere Besprechungen vor der Tafel und ein Spiel im 6 gegen 6. Dort greift Müller-Angstenberger manchmal ein und unterbricht das Spiel, um Details über das Spiel auf der Position 6 zu erläutern, zentral in der hinteren Zone.
Etwas mehr als zwei Stunden trainieren die Rottenburger, und das zurzeit fast jeden Tag zwei Mal, zur Vorbereitung auf die am 13. Oktober beginnende Bundesliga-Saison. Morgens sind es meist individuelle Kraftübungen, nachmittags Einheiten wie diese mit der Mannschaft. Die ist seit dem 28. August komplett, zuvor waren die ausländischen Spieler noch weg. Wie beispielsweise Mathäus Jurkovics, der mit Österreichs Nationalmannschaft in seinem Heimatland Qualifikations-Spiele zur Europameisterschaft gespielt hat – und dort unter anderem sensationell Portugal mit 3:1 besiegt hat.

Vorbereitung mit Turnier in Italien

Mit einem Heimspiel gegen den Rekordmeister VfB Friedrichshafen am 13. Oktober beginnt für den TV Rottenburg die Bundesliga-Saison. Bis dahin sind außer den Trainingseinheiten, Medienterminen und nichtöffentlichen Testspielen folgende Termine geplant:

Montag, 3. September, bis Freitag, 8. September: AOK-Volleycamp

Sonntag, 16. September, 17 Uhr, Paul-Horn-Halle Tübingen: Testspiel gegen Volley Amriswil

Samstag, 22. September, 19 Uhr, Oskar-Kalbfell-Halle Reutlingen: Testspiel gegen Volley Luzern

Mittwoch, 3. Oktober, bis Samstag, 6. Oktober: Trainingslager in Italien, Teilnahme an dem internationalen Vorbereitungsturnier bei Volley Tonno Callipo

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